Himalaya

04.June 2010 - Kathmandu


Ihr lieben daheim,

und wieder mal gibt es neue Nachrichten aus dem chaotischen Nepal ins weite Deutschland. Im Mai war mein guter Freund Sunny zu Besuch bei seiner Familie in Nepal und gemeinsam haben wir uns entschlossen die schneeweißen und über 8000 m hohen Berge des Himalayas unsicher zu machen. Ausgangspunkt ist Pokhara, eine deutlich übersichtlichere Stadt im Vergleich zu Kathmandu und es gibt einen sehr schönen See, auf dem man wunderbar den ganzen Tag lang mit dem Boot umher schippern kann und in der Ferne den Himalaya beobachten kann. Jeden Tag schippern vom Ufer unzählige Nepalesen mit dem Boot auf eine kleine Insel im See, auf der sich ein Tempel befindet. So quetscht sich die ganze Familie mit samt der Oma und dem Opa und noch ein paar Bekannte in das Boot, in der Hand tragen sie Geschenke für die Götter, wie Kokosnüsse, Orangen und Blumen in einer kleinen Schale und kommen sie dann nach einer Zeit wieder, schmückt die Stirn einen Kleks aus roter Farbe. Nepalesen sind sehr gläubig und der Gang zum Tempel ist Bestandteil fast jeden Tages. Auch haben viele Nepalesen zu Hause ihren eigenen kleinen Hausschrein, in dem Ganesh, Laxmi oder andere der Götterkollegen sitzen und Tag für Tag mit roter Farbe, Blumen und Obst gefüttert wird. Unsere Vermieterin ist sich kaum ohne ihr Geschenktablett vorzustellen und auch das tägliche Glockengeläute über mir würde ich ja schon vermissen. Immerhin brauche ich so keinen Wecker, auch wenn 5.30 Uhr morgens deutlich früh ist. Ergänzt wird die morgendliche Geräuschkulisse rund um mein Zimmer durch die Tätigkeiten, die am Waschbecken im Hof stattfinden, welches direkt an mein Schlafzimmerfenster grenzt. Gern würde ich Euch dies ein wenig genauer bis detailliert erklären um Euch vor Augen zu führen, dass Nepalesen weitaus andere Gewohnheiten haben als wir. Der eigentliche Sinn ist glaube ich eine Art Reinigung der Lunge. Nicht unsinnig in diesem staubigen dasein hier in Kathmandu. Jedenfalls erreichen sie mit der Zahnbürste in etwa 10 cm die Gegend hinter dem Zäpfchen und dies wird gefolgt von einem Geräusch, welchen erahnen lässt, dass gerade der Schleim aus der Tiefe der Lungenbläschen gesogen wird und genüsslich herausgespuckt wird. Sie tun das ständig und es ist nicht einmal die Zahnbürste notwendig, sie rotzen einfach immer. Mittlerweilen bin ich besonders vorsichtig geworden, wenn ich zu dicht hinter jemanden laufe. Je nachdem wie der Wind steht, bekommt man das nämlich ab. Jetzt aber wieder zurück in die Berge. ES war traumhaft schön und wir haben viele sehr hohe schneebedeckte Berge gesehen, sind unzählige Stufen gestiegen und haben die Bergmenschen im Anapura Gebiet kennengelernt. Im Vergleich zu den Menschen in den Bergen von Doti, haben die Menschen hier mehr Geld und man sieht den Verdienst des Tourismus für die Menschen. Ich würde fast behaupten es geht ihnen gut. Touristen waren in dieser Zeit jetzt wenige unterwegs und das fand ich auch sehr gut so. Durch Sunny( von dem alle glaubten er sei mein Tourguide) habe ich einen noch tieferen Einblick genießen können, da er ja als Nepalese doch einen anderen Kontakt zu den Menschen aufbauen kann, als ich in der Lage wäre. Zum Beispiel habe ich durch ihn gelernt, das man auf den geforderten Betrag auf der Rechnung einfach 2 Euro weniger gibt ohne auch nur einen Ton zu sagen. Das geht dann voll in Ordnung. Auch fragt man in Nepal nicht nach dem Wohlbefinden entsprechend unserer Phrase: wie geht es Dir? sondern man fragt: hast Du schon gegessen? Antwortet das Gegenüber mit ja ist alles in Butter. Was ich auch faszinierend finde ist, dass man für 200 km von Kathmandu nach Pokhara 10 Stunden Autofahrt einplanen muss. Nicht nur, weil völlig überladene Lkws mit uralten Karoserien luftverpestend und im Schneckentempo umherschleichen, sondern auch, weil es in Nepal verdammt einfach ist mal einen Streik zu machen. Man legt ein paar Steine auf die Straße und legt den kompletten Verkehr für mehrere Stunden lahm. Immer mehr verstehe ich, dass die chaotischen Zustände im Land einfach auch durch die Menschen selber zustande kommen. Die gesetzgebende Verfassung wurde nicht verabschiedet, da die sich einfach nicht einigen konnten und so tümpelt Nepal weiterhin erst mal ohne Gesetze dahin. Viele Menschen sind ungebildet und durch die Erziehung im Land herrscht ein großes Denken in hierarchischen Strukturen. Die Menschen handeln so, wie sie es irgendwann mal gelernt haben und von kreativen denken ist hier leider keine Sicht. Resultat ist scheuklappendenken und leider auch oftmals Egoismus. Nicht zuletzt sieht man das an der umgangsweise mit der Frau und auch an der egoistischen Art und Weise im Straßenverkehr. Ich habe noch nie einen funktionierenden Straßenverkehr gesehen, in dem einfach jeder macht was er will und jeder sofort durch muss. Irgendwie ist das sehr kontrovers, zu deren Verständnis von Zeit und zu dem ständigen zu spät kommen. Aber wie ich Euch ja auch bereits geschrieben habe, muss auch das Essen immer schnell gehen und ein Zeichen an dem du erkennest, dass Du nach und nach ein Nepalese wirst ist, dass Du deinen Dal Bhat in weniger als 30 s aufgegessen hast. Nein, Nepalesen sind keine Genießer!!! Ganz liebe Grüße nach Hause und bis zum nächsten Mal.